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Ein Parcerie-Vertrag

Friedrich Gerstäcker

Friedrich Gerstäcker

Ein Parcerie-Vertrag / Erzählung zur Warnung und Belehrung für Auswanderer und ihre Freunde

Vorwort

Ich habe versucht dem Leser in der nachstehenden Erzählung eine, wenn auch peinliche, doch treue Schilderung einer Familie zu geben, die sich verleiten ließ auf einen sogenannten Parcerie-[1 - Das Wort Parcerie, was eigentlich in den brasilianischen Verträgen Parçarie heißen sollte, nach dem portugiesischen Wort parçaria, ein Antheil, eine gemeinschaftliche Gesellschaft – bedeutet eine Art von Contract nach welchem sich hiesige Arbeiter gewöhnlich verpflichten, nach unentgeltlicher Überfahrt in einen fremden Welttheil, so lange für ihren neuen Herrn zu arbeiten, bis sie die, durch ihren Transport angewachsenen Kosten abverdient haben. Sie bekommen aber dafür keinen bestimmten Tagelohn, sondern sind auf einen Antheil am Gewinn beschränkt, der in den betrügerischen Contracten gewöhnlich so hingestellt ist, daß der Arbeiter glauben soll, er bekomme die Hälfte vom Gewinn des Ganzen, während es aber doch nur meint daß er die Hälfte dessen bekommen soll was er etwa verdient. Aber selbst das ist eingebildet, denn er verdient eben Nichts wenn sein Herr beweisen kann daß er selber keinen Nutzen in einem Jahr gehabt hat und in tausend Fällen sind deshalb schon diese Verträge von gewissenlosen Pflanzern gemißbraucht worden.] Vertrag hin ihr Vaterland zu verlassen und ihr Glück in einem fernen Welttheil zu suchen.

Das Land ist Brasilien, denn gerade mit den Pflanzern des heißen und nördlichen Theils von Brasilien sind solche Verträge abgeschlossen worden, weil sich die freiwillige Auswanderung nicht jenen, für den Europäer ungesunden Distrikten zuwandte. Der Hauptstrom der süd-amerikanischen Auswanderung ging nach dem Süden von Brasilien, wohin die Regierung selber deutsche Auswanderer wünschte und sie in vielen Stücken begünstigte. Dort befanden sich die Colonisten wohl und schrieben nach Deutschland zurück, wie gut es ihnen ging.

Diese Briefe wurden häufig von gewissenlosen Agenten benutzt um arme unwissende Menschen in Deutschland, die keine Mittel besaßen ihre Passage zu bezahlen, zu täuschen, denn man versprach ihnen ja sie nach Brasilien zu schaffen und von der ungeheueren Größe des Landes, und den verschiedenen Klimaten und Bodenverhältnissen hatten die Unglücklichen, mit ihren mangelhaften geographischen Kenntnissen keine Ahnung.

Sie sahen dann zu spät ein daß sie betrogen waren, aber eben so wie sie sich außer dem Schutz der deutschen Regierungen befanden – denn unser Consulats-Wesen lag entsetzlich im Argen und liegt noch darin, wenn nicht die Norddeutsche Bundesregierung eine gründliche Änderung desselben vornimmt – ebenso konnte auch die brasilianische Regierung nur in solchen Fällen einschreiten, wo ihr Beweise gebracht wurden, daß die Pflanzer ihre Arbeiter wirklich betrogen. Wie schwer das aber in einem so ungeheueren Reiche und in den abgelegenen Provinzen war, läßt sich denken.

Vor diesen und vielen ähnlichen Contracten möchte ich nun den Auswanderer nicht allein warnen, sondern auch ihm sowohl, wie Allen solchen die sich für fortziehende Familien interessiren oder von ihnen um Rath gefragt werden, ein deutliches Bild vor Augen rücken, wie es, leider in den meisten Fällen, mit derartigen Verträgen steht.

Ich gebe zu daß manche derselben ehrlich gemeint sind und ehrlich gehalten wurden, und dadurch dem unbemittelten Auswanderer Vortheile boten, die er auf eine andere Art nur schwer erreicht hätte. Aber nirgends ist ihm dafür eine Gewähr gegeben. Von dem Augenblick an wo er das fremde Land betritt, ja läßt er sich besonders mit englischen und vorzüglich belgischen Agenten ein, von der Stunde an wo er die heimische Grenze überschreitet, bleibt er der Willkür fremder Menschen preisgegeben, und zwar ohne Hülfe, ohne Schutz.

Wer einmal auswandern will mag es thun, aber er soll sich vorher, um seiner selbst und seiner Familie willen, nicht durch ein Blatt Papier HГ¤nde und FГјГ