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Deutsche Freiheit

Rudolf Eucken

Rudolf Eucken

Deutsche Freiheit Ein Weckruf

Thesen

1.В Das deutsche Volk hat in der Vergangenheit eine ihm eigentГјmliche geistige Freiheit in Religion, Moral, Erkenntnis und Kunst in unvergleichlicher Weise gezeigt.

2. Bei vielfacher politischer Rückständigkeit droht uns Deutschen politische Unfreiheit vor allem von seiten einer radikalen Demokratie und des Sozialismus.

3.В Es ist eine Hauptaufgabe der Zukunft, unter voller Wahrung und Vertiefung der inneren Freiheit echte politische Freiheit in unserem Vaterlande zu entwickeln.

Über die deutsche Freiheit zu reden, das kann in diesen Tagen gewagt, ja vermessen dünken, wo Deutschland schwer gelähmt, von übermächtigen Gegnern unterdrückt und in seiner Kraft durch inneren Zwist gebrochen darniederliegt; es wäre ein solches Unternehmen in Wahrheit töricht, hätte der augenblickliche Stand unseres Volkes das entscheidende Urteil über sein Ergehen und seine Bedeutung zu fällen, und besäße nicht die deutsche Art und die deutsche Geschichte einen tieferen Gehalt und eine größere Kraft als unmittelbar vorliegt; nur eine solche Überzeugung läßt uns Mut, Hoffnung, ja Zuversicht inmitten aller Trübsale schöpfen; sie gibt uns zugleich das Vertrauen, daß die deutsche Freiheit kein bloßes Wahnbild ist, ja daß sie nicht nur uns selbst, sondern auch dem Ganzen der Menschheit unentbehrlich ist. Ist das aber der Fall, so muß und wird sie sich irgendwie gegen alle Hemmungen durchsetzen, die Menschen aber müssen ihr bewußt oder unbewußt dienen.

Zunächst sei der Freiheitsgedanke in seinen weltgeschichtlichen Zusammenhängen kurz gewürdigt; wir werden sehen, daß auch das deutsche Leben ihm eng verbunden ist. Alles heutige Streben nach Freiheit ist ein Ausfluß der Bewegung, welche die gesamte Neuzeit durchdringt und sie von anderen Epochen deutlich abhebt. Galt im Altertum und im Mittelalter das Weltall mit seinen ewigen Sternen und mit ihm der menschliche Lebenskreis als ein festbegründetes und geschlossenes Ganzes und schien dieses Ganze alles Menschliche zu binden und zu lenken, so wird nun zum leitenden Gedanken ein Reich der Freiheit mit seiner unermeßlichen Fülle; die Ordnung aber tritt erst an die zweite Stelle. Nunmehr wird alle Wirklichkeit in Fluß versetzt und zu rastloser Bewegung angehalten; es verbindet sich damit eng der Gedanke eines unbegrenzten Fortschritts zu immer weiteren Höhen; so wird nunmehr das Wachstum des Lebens, die Kraftsteigerung, zum höchsten aller Ziele. Hier heißt es: „Immer möchte der Mensch, was er erkennt, mehr erkennen, und was er liebt, mehr lieben, und die ganze Welt genügt ihm nicht, weil sie sein Wahrheitsverlangen nicht stillt“ (Nikolaus von Cues).

Alle Größen und Werte werden dadurch umgewandelt, alle Ruhe wird als etwas Starres und Totes ausgetrieben. Das Werden und Sichselbstgestalten erhält eine unbeschreibliche Freude, es scheint alle früheren Zeiten weitaus durch Kraft, Frische, Wahrheit zu überragen. Solches Flüssigwerden der ganzen Wirklichkeit erzeugt einen eigentümlichen Begriff des Modernen und gibt ihm das stolze Gefühl einer unbedingten Überlegenheit. Diesen Grundcharakter der Neuzeit hat jedes Streben zu würdigen, das nicht hinter dem Geist der Zeit zurückbleiben und erfolgreich zu den Zeitgenossen wirken möchte. Wie viele Probleme aber der Gesamtbegriff der Freiheit enthält, das läßt sich hier nur nebenbei andeuten.

Eine nähere Betrachtung der Freiheit hat die politische oder nationale und die geistige Freiheit deutlich voneinander zu scheiden, jene bezieht sich auf das gesellschaftliche Zusammensein der Menschen, diese auf den inneren Stand der Seele. Die politische Freiheit verficht die selbständige Teilnahme der einzelnen Volksgenossen am Ganzen des Staates und seiner Regierung, die geistige erstrebt eine Selbständigkeit und Ursprünglichkeit des Lebens im Ganzen der Seele; beides kann weit auseinandergehen, ein politisch Freier kann geistig gebunden, ein geistig Freier politisch abhängig sein; daß eine derartige Scheidung einen