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Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie

Sigmund Freud

Sigmund Freud

Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie

I

Die sexuellen Abirrungen[1 - Die in der ersten Abhandlung enthaltenen Angaben sind aus den bekannten Publikationen von v. Krafft-Ebing, Moll, Moebius, Havelock Ellis, v. Schrenck-Notzing, Löwenfeld, Eulenburg, J. Bloch, M. Hirschfeld und aus den Arbeiten in dem vom letzteren herausgegebenen »Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen« geschöpft. Da an diesen Stellen auch die übrige Literatur des Themas aufgeführt ist, habe ich mir detaillierte Nachweise ersparen können.Die durch psychoanalytische Untersuchung Invertierter gewonnenen Einsichten ruhen auf Mitteilungen von J. Sadger und auf eigener Erfahrung.]

Die Tatsache geschlechtlicher BedГјrfnisse bei Mensch und Tier drГјckt man in der Biologie durch die Annahme eines В»GeschlechtstriebesВ« aus. Man folgt dabei der Analogie mit dem Trieb nach Nahrungsaufnahme, dem Hunger. Eine dem Worte В»HungerВ« entsprechende Bezeichnung fehlt der Volkssprache; die Wissenschaft gebraucht als solche В»LibidoВ«.[2 - Das einzig angemessene Wort der deutschen Sprache В»LustВ« ist leider vieldeutig und benennt ebensowohl die Empfindung des BedГјrfnisses als die der Befriedigung.]

Die populäre Meinung macht sich ganz bestimmte Vorstellungen von der Natur und den Eigenschaften dieses Geschlechtstriebes. Er soll der Kindheit fehlen, sich um die Zeit und im Zusammenhang mit dem Reifungsvorgang der Pubertät einstellen, sich in den Erscheinungen unwiderstehlicher Anziehung äußern, die das eine Geschlecht auf das andere ausübt, und sein Ziel soll die geschlechtliche Vereinigung sein oder wenigstens solche Handlungen, welche auf dem Wege zu dieser liegen.

Wir haben aber allen Grund, in diesen Angaben ein sehr ungetreues Abbild der Wirklichkeit zu erblicken; faßt man sie schärfer ins Auge, so erweisen sie sich überreich an Irrtümern, Ungenauigkeiten und Voreiligkeiten.

Führen wir zwei Termini ein: heißen wir die Person, von welcher die geschlechtliche Anziehung ausgeht, das Sexualobjekt, die Handlung, nach welcher der Trieb drängt, das Sexualziel, so weist uns die wissenschaftlich gesichtete Erfahrung zahlreiche Abweichungen in bezug auf beide, Sexualobjekt und Sexualziel, nach, deren Verhältnis zur angenommenen Norm eingehende Untersuchung fordert.

1.В Abweichungen in Bezug auf das Sexualobjekt

Der populären Theorie des Geschlechtstriebes entspricht am schönsten die poetische Fabel von der Teilung des Menschen in zwei Hälften – Mann und Weib –, die sich in der Liebe wieder zu vereinigen streben. Es wirkt darum wie eine große Überraschung zu hören, daß es Männer gibt, für die nicht das Weib, sondern der Mann, Weiber, für die nicht der Mann, sondern das Weib das Sexualobjekt darstellt. Man heißt solche Personen Konträrsexuale oder besser Invertierte, die Tatsache die der Inversion. Die Zahl solcher Personen ist sehr erheblich, wiewohl deren sichere Ermittelung Schwierigkeiten unterliegt[3 - Vergleiche über diese Schwierigkeiten sowie über Versuche, die Verhältniszahl der Invertierten zu eruieren, die Arbeit von M. Hirschfeld im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen 1904.].

A. Die Inversion

Verhalten der Invertierten

Die betreffenden Personen verhalten sich nach verschiedenen Richtungen ganz verschieden.

a) Sie sind absolut invertiert, d. h. ihr Sexualobjekt kann nur gleichgeschlechtlich sein, während das gegensätzliche Geschlecht für sie niemals Gegenstand der geschlechtlichen Sehnsucht ist, sondern sie kühl läßt oder selbst sexuelle Abneigung bei ihnen hervorruft. Als Männer sind sie dann durch Abneigung unfähig, den normalen Geschlechtsakt auszuführen oder vermissen bei dessen Ausführung jeden Genuß.

b) Sie sind amphigen invertiert (psychosexuell-hermaphroditisch), d. h. ihr Sexualobjekt kann ebensowohl dem gleichen wie dem anderen Geschlecht angehören; der Inversion fehlt also der Charakter der Ausschließlichkeit.

c) Sie sind okkasionell invertiert, d. h. unter gewissen äußeren Bedingungen, von denen die Unzugänglichkeit des norm