Назад к книге «Unter Palmen und Buchen. Dritter Band.» [Friedrich Gerstäcker]

Unter Palmen und Buchen. Dritter Band.

Friedrich Gerstäcker

Friedrich Gerstäcker

Unter Palmen und Buchen. Dritter Band

Eine Mesalliance

Erstes Capitel.

Der Ball in Tanunda

In Tanunda – einem kleinen, fast nur von Deutschen bewohnten Städtchen in Süd-Australien – war Ball, und die ganze weibliche Bevölkerung des Orts befand sich, wie bei all solchen Gelegenheiten, in einer gelinden Aufregung. Kein Wunder auch; jede Dame wünschte doch so anständig als möglich zu erscheinen; wer aber dazu nicht alles Nöthige eigen besaß, gerieth allerdings hier in Verlegenheit, denn in ganz Tanunda existirte kein einziges Modemagazin.

Schmiede gab es genug, Sattler, Schuhmacher, Schneider, Blechschmiede, Drechsler, Schreiner, und wie die verschiedenen Handwerke alle heißen mögen, aber nirgends in einem der Läden flatterten oder hingen hinter großen eleganten Spiegelscheiben bunte seidene Bänder oder künstlich gearbeitete Kränze; nirgends waren neu patentirte Schnürleiber und kostbar gestickte Unterröcke zur Schau ausgehangen – worüber sich auch die praktischen Landbewohner nur lustig gemacht hätten. Kurz es bestand keine einzige Aushülfe für das schöne Geschlecht, seine Reize zu erhöhen. Nur ein Glück, daß die Natur selber mitleidiger war, als die prosaischen Menschen, und ihren Kindern draußen, auf tausend Blüthenbüschen, ihre schönsten und duftendsten Gaben bot.

Und wenn die Damen in der Stadt nur wüßten, wie viel hübscher ein frischer, natürlicher Blumenkranz einem hübschen frischen Gesicht steht, als all der bunte Flitterkram, den kunstfertige Hände zusammenbauen – aber freilich gehören auch hübsche und frische Gesichter dazu, sonst stechen die lebhaften Farben zu sehr gegen den fahlen Teint der Wangen ab, und die Kunst muß dann aushelfen, wo die Natur nicht mehr zu helfen vermag.

In Tanunda wußte man wenig von Kunst; die meisten dortigen Ansiedler gehörten überhaupt dem Arbeiterstande an, und hatten neben dem Gewerk oder dem kleinen Handel, den sie in der Stadt trieben, noch ihre Section Land außerdem. Auch die Töchter waren in dem fremden Lande, und rings von englischen Sitten umgeben, doch immer nur richtige deutsche Bauermädel geblieben, die weder in ihren Gewohnheiten noch in ihrer Tracht eine Aenderung trafen.

Merkwürdig ist überhaupt die Zähigkeit, mit welcher der deutsche Bauer an dem Alten hängt, und wie schwer er zu Neuerungen zu bringen ist. Selbst die Auswanderer, also doch solche, von denen man vermuthen sollte, daß sie gerade mit dem Alten gebrochen hätten, und jetzt bereit wären, in einer neuen Welt ein neues Leben zu beginnen, verrathen das in der sinnlosen Last, die sie in ein fremdes, weit entferntes Land hinausschleppen und oft, an Ort und Stelle angekommen, von der Hafenstadt aus bis zu ihrer Bestimmung, mehr Fracht dafür bezahlen, als der ganze Plunder werth ist. Aber nichts lassen sie daheim, was niet- und nagellos ist, keine irdene Schüssel, keinen hölzernen Napf, keinen Besen, noch Scheuerlappen, ja ich weiß Beispiele, daß sie, besonders nach Australien, ihre irdenen Oefen mitgenommen haben. Kaum ist dann ein halbes Jahr vergangen, so steht dort drüben unter Eucalypten und Banksien ein Bauernhaus, das sich in Nichts von dem daheim verlassenen unterscheidet, mit denselben niederen Zimmern und Fenstern, denselben Tischen und Bänken, denselben alten verstaubten Bildern an den Wänden, denselben bemalten irdenen Schüsseln über dem Heerde, ja mit dem nämlichen dumpfen und ungesunden Geruch in der Stube – genau so wie daheim im Vaterland.

Und der Bauer selber mit seiner Familie hat sich – wie er sich auch vielleicht in seiner sonstigen Lebensweise ändern mußte – wahrlich nicht in irgend etwas geändert, was ihn selbst betrifft. Er trägt noch, mitten zwischen den Engländern und Amerikanern, ob auch von ihnen hundert Mal ausgelacht und verspottet, den nämlichen langen blauen Rock mit schmalem Kragen und riesigen Leinwandtaschen wie daheim – denselben ausgeschweiften Hut, wie er auf