Aus dem Matrosenleben
Friedrich Gerstäcker
Friedrich Gerstäcker
Aus dem Matrosenleben
Erstes Capitel.
An Bord
Captän an Bord? frug am Morgen des 2. August ein sonngebräunter, breitschultriger – Herr, muß ich sagen, denn er stack wenigstens in feinen Tuchkleidern, mit einem hohen schwarzen Seidenhut und feiner Wäsche. Seine breiten braunen Fäuste, die allen Glacéhandschuhen ingrimmig Trotz boten und ihrem Eigenthümer in jeder anderen Kleidung gewiß Ehre gemacht hätten, ließen aber weit sicherer auf einen Arbeitsmann als auf ein Mitglied der »höhern Classen« schließen, und doch schien er zu denen zu gehören, oder rechnete sich wenigstens selbst dazu.
Der Fremde stand in einem der gewöhnlichen Bayboote von Sydney, und hatte die Fallreeps der herunterhängenden Schiffsleiter gefaßt, während er zu dem oben über Bord sehenden Steuermann des »Pelican«, der schon draußen in der Bay von Sydney lag und am nächsten Morgen unter Segel gehen wollte, hinaufrief.
»Ay, ay, Sir«, lautete die seemännische Antwort; der Fremde sprang auf die Leiter und lief, nach einem paar mit den Bootsleuten gewechselten Worten, die ihr kleines Fahrzeug gleich darauf festmachten und seine Rückkehr zu erwarten schienen, an Deck.
Das Deck des »Pelican« bot nichts außergewöhnliches dar. Die Leute waren theils beschäftigt von dem am andern Bord liegenden »Watertank«[1 - Watertanks sind kleine Fahrzeuge, deren innerer Schiffsraum eingerichtet ist, mit Wasser statt anderer Ladung gefüllt zu werden. Sie gehen dann langseit der Schiffe, die frisches Wasser verlangen, und pumpen dasselbe mit Hülfe eines langen Schlauchs in die an Bord befindlichen Fässer.] Wasser einzunehmen, theils hie und da Kleinigkeiten am Tauwerk auszubessern, oder ausgebessertes zu theeren. Der Zimmermann kalfaterte das Deck, und die monotonen Schläge seines hölzernen Hammers waren fast das einzige Geräusch an Bord, so still und ruhig ging alles zu.
So beschäftigt übrigens die ganze Mannschaft auch mit dieser oder jener Sache schien, denn selbst der Mate oder Steuermann war dabei, die Logleine auszumessen und neu zu »märken«, so müßig sahen sich zwei junge Leute die Sache an, die ruhig an Deck auf- und abschlenderten, und nur dann und wann bei einer oder der andern Gruppe stehen blieben, einmal nach dem Boot hinunter sahen, und ihre Wanderung langsam wieder fortsetzten. Sie trugen leichte Sommerhosen, kurze, dünne Jacken und einen breitrandigen Strohhut von sogenanntem cabbageleaf (der Kohlpalme), um den ein breites, schwarzes Band befestigt war, mit den gelb darauf gemalten Worten: »water-police.«
Der Fremde ging nach einem flüchtigen über Deck geworfenen Blick, der zum größten Theil dem Takelwerk galt, nach hinten, und stieg, ohne einen von den Leuten weiter zu grüßen, die Cajütstreppe hinunter.
В»Kanntest du den?В« frug einer der Polizeileute den anderen.
В»NeinВ«, sagte der Gefragte, В»weiГџt du wie er heiГџt?В«
»Wirst schon noch seine Bekanntschaft machen«, lachte der erste – »es ist Capitain Oilytt vom Boreas, und will nach Calcutta. – Das Schiff ist auf Dienstag angezeigt.«
В»Noch niemand fortgelaufen von den Leuten?В«
»Noch nicht, aber wie ich gestern gehört habe, wollen sie morgen fort. – Ich könnt's leicht hintertreiben, damit ist uns aber nicht gedient. – Es sind Ausländer, der größte Theil wenigstens von ihnen, und wenn erst einmal eine tüchtige Belohnung auf sie gesetzt ist, wollen wir sie schon wieder kriegen.«
»Wo gehen sie denn gewöhnlich Abends hin?« frug der zweite – »hast du sie schon im Auge gehabt?«
»O, schon seit acht Tagen – sie sind bis jetzt meistens im »Elephant und Castle« in Pittstreet, und ein paarmal auch in einer von den Kneipen in Kentstreet gewesen, es scheint aber, daß sie sich jetzt weiter hinauf in Pittstreet gezogen haben. Es sind theils Franzosen, theils Deutsche und nur vier Engländer an Bord, und dort oben herum wohnen einzelne von ihren Landsleuten.«
В»Die werden sie dann aber auch nicht verrathen wollenВ«, meinte der zweite, der noch nic