Назад к книге «Die Herrin und ihr Knecht» [Georg Engel, Georg Engel]

Die Herrin und ihr Knecht

Georg Engel

Georg Engel

Die Herrin und ihr Knecht

Erstes Buch

I

Das Landhaus der Grothes wurde wieder geweißt. Aber der Blutfleck neben dem Fenster, das auf den Hof heraus ging, blieb erhalten. Die Maurer hatten ihn auf strenge Anordnung hin verschonen müssen. Und wenn Johanna Grothe mit ihren Knechten hier vorüberwandelte, dann verzog sich ihr herrischer Mund noch stolzer und selbstbewußter, und ihre hohe Gestalt reckte sich auf, daß ihr Marmorhaupt, wie es Konsul Bark immer genannt hatte, hoch über die geduckten ostpreußischen Landleute herausragte. Das begab sich am Tage. Wenn sie jedoch gegen Abend zurückkehrte, um ihren Sitz auf der Gartenbank hart an der Wiese einzunehmen, dicht an der Stelle, wo unter den hochaufgeschossenen Eichenbäumen die Hermen der drei römischen Cäsaren zerbröckelten, dann warf die Vorüberschreitende manchmal einen langen prüfenden Blick auf das rote Mal, und ihre feste, schmale Hand führte eine Bewegung aus, als ob ein strenger und geordneter Mensch etwas Unwillkommenes, Unerhörtes auszustreichen gedachte. Aus der Dorfkirche von Maritzken läutete dann von dem niedrigen Holzturme das singende Glöckchen, das auch damals in die Fieberträume der Grotheschen Ältesten hinein gewimmert hatte. Und der Wind fächelte über das hart getretene Viereck in dem Kleeacker, das eigentlich ein Grab vorstellte.

Ja, die Nacht mit ihren Schrecken war vorübergerast, und der Morgen wollte für die Heimat und die deutsche Menschheit tagen. Und ebenso, wie Johanna Grothe, so stand ihr ganzes Volk vor der weißen Mauer, die wieder frisch getüncht war, und sah auf das helle Blutmal, das in der Sonne funkelte. Ohne Haß, ohne Rachsucht, nur in dem Bewußtsein, daß die Erinnerung daran nicht wieder fortgelöscht werden könnte, und daß jeder alle Kräfte daransetzen müsse, die Mauern des großen Hauses bis auf den einen Fleck weiß und sauber zu erhalten.

Jedem Beschauer bot es einen hellen, einen erfreulichen Anblick, als der leichte, gelbe Jagdwagen, von den beiden wiehernden und schnaubenden Rappen gezogen, in die ersten Straßen der Provinzialhauptstadt einbog. Grüne und blaue Frauenschleier wehten in dem frischen Wind hinter dem Gefährt her, unter den flatternden grauen Staubmänteln blitzten vorüberhuschend weiße und rosa Sommerkleider auf, und zuweilen wurde das Rasseln der Räder durch ein plötzlich auffahrendes Mädchenlachen übertönt, das sich ungeniert und im vollen Genuß des Augenblicks äußerte. Dann streckte mancher kleine Handwerksmeister den Kopf aus seinem Laden heraus, oder in den schrägen Spionenspiegeln, die an die schmalen Fenster der Wohnstuben angeschraubt waren, tauchte das zitternde Konterfei einer nähenden Bürgersfrau auf, die nach einem Blick auf das strahlende Gefährt befriedigt feststellte:

В»Aha, die drei Grothe-Marjellen sind wieder da. Hellwig, du bleibst zu Hause, die Г„lteste kauft nachher ein.В«

Und nach einer Weile des Herauslugens setzte dann wohl die dicke Vorkosthändlerin in angenehmer Gewißheit hinzu:

В»NatГјrlich, die Grotheschen stellen im Deutschen Hause ein. Da hat es dann Konsul Bark nicht weit. MerkwГјrdig, sie sollten doch einmal Ernst machen. Aber bei dieser Art Leuten ist das Herumziehen die Hauptsache. Freilich, mich geht's nichts an, ich bin ja nicht die Mutter.В«

Und unten aus dem tiefen Kellerloch dröhnte eine verquollene Stimme zur Antwort herauf:

В»Meines Wissens nicht, Mamachen. Und wehe dir, wenn du nachher Andeutungen machst.В«

»I wo,« wehrte sich die Dicke und wischte an den Fensterscheiben, damit sie dem prächtigen Wagen noch etwas länger folgen könnte. »Ich kümmere mich nicht um die Angelegenheiten fremder Leute. Bloß der Umstand, daß Konsul Bark, dieser feine Herr, auch mit anderen –«

In diesem Moment jedoch wurde die Klapptür des Kellers mit solcher Wucht in ihre Einfassung geschleudert, daß das Häuschen einen Sprung machte und jedes vernünftige Gespräch verstummen mußte.

Das war sehr unrecht, man hätte